Die Rias und Baiona besuchen

Die Wind- und Wettervorhersagen waren günstig – oder sagen wir mal – zumindest nicht ungünstig und wir verlassen am Montag, 09.08.2021, A Coruna. Wir werfen einen letzten Blick auf das markante Gebäude der Hafenbehörde. Dieser merkwürdige Klotz gefällt mir irgendwie. Und schon geht es am altehrwürdigen Herkulesturm vorbei, hinaus auf den Atlantik. Der vor uns liegende Küstenabschnitt trägt den respekteinflößenden Namen Costa da Morte, zu Deutsch Todesküste. Der Name ist kein Zufall, denn in den vergangenen Jahrhunderten forderte diese für die Seefahrt schwierige Küste viele Todesopfer. Für uns ist der Name hoffentlich nicht Programm. Wir haben genaue Seekarten, moderne Navigationshilfen und zuverlässige Wettervorhersagen zur Verfügung.

2014 hatten wir in Camaret einen älteren Einhandsegler kennengelernt, der auf dem Rückweg nach Deutschland war. Er freute sich, endlich mal wieder Amrum und Helgoland anzulaufen. Von ihm erhielten wir Blauwasser-Neulinge damals viele Tipps. Zum Beispiel hat er uns einen Besuch der Rias empfohlen. „Segelt nicht daran vorbei, das wäre wirklich zu schade!“ Das haben wir 2014 beherzigt und auch diesmal segeln wir nicht vorbei.

Die Rias sind fjordähnliche Einbuchtungen, landschaftlich reizvoll und vor allem bieten sie sehr geschützte Ankermöglichkeiten. Unser Ziel ist die Ria Camarinas und wir werden auch diesmal nicht enttäuscht. Vor einem schönen Strand finden wir nach 53 Seemeilen neben mehreren anderen Yachten ein nettes Plätzchen für die Amazone. Wir genießen einen wunderbaren Sonnenuntergang und eine ruhige Nacht.

Ein neuer Tag, eine neue Ria. Auf unserem Törn zur Ria Arousa passieren wir bei weiterhin gutem Wetter das Kap Finisterre. Der nordwestliche Wind weht mit etwa fünf Beaufort und unter Genua kommen wir gut voran. Das Kap gilt als Wetterscheide und tatsächlich reißt hier der Himmel auf und die Sonne lacht. Übersetzt heißt es „Ende der Erde“, aber wie wir alle wissen, muss man sich keine Sorgen machen. Und so erreichen wir nach 43 Seemeilen auch wieder Land, und zwar in einer Bucht bei der Ria Arousa.

Kap Finisterre
Ankern vor dem kleinen Ort Corrubedo

Wir werfen den Anker vor dem Strand der kleinen Ortschaft Corrubedo. Bei den derzeit vorherrschenden schwachen Winden aus nördlichen Richtungen hoffen wir, hier ausreichend Schutz zu finden. Wir paddeln mit der Kleinen Gummiwurst an Land und bummeln durch die Gassen Corrubedos. Es gibt einen kleinen Supermarkt und wir lassen uns in einer Tapas-Bar mit Blick auf die weitläufige Bucht die Köstlichkeiten wie Miesmuscheln und Tintenfisch schmecken.

Blick von der Tapas-Bar auf die Bucht bei Corrubedo

In der Nacht vom 12. auf den 13.08.21 können wir einige Sternschnuppen beobachten. Der Meteorschauer der Perseiden verspricht mehr als hundert Sternschnuppen pro Stunde. Na ja, wir müssen uns mit weit weniger begnügen. Aber auch an Land lassen sich die Menschen das Spektakel nicht entgehen – jede Sternschnuppe wird mit Applaus und Lachen kommentiert. Im weiteren Verlauf der Nacht werden wir allerdings ziemlich durchgeschaukelt. Die Atlantikdünung hat es nun doch in die Bucht geschafft und für uns wird es Zeit, Anker zu lichten und weiterzuziehen.

Gerne hätten wir vor der kleinen Inselgruppe Islas Cies geankert, die 1980 zum Naturschutzgebiet erklärt und seit 2002 Teil des Nationalparks Islas Atlanticas de Galicia sind. Dies ist allerdings nur mit einer Genehmigung der zuständigen Behörde erlaubt. Leider konnten wir keine Erlaubnis bekommen, da die Anzahl limitiert ist und schon alle Genehmigungen für den von uns gewünschten Zeitraum vergeben waren. Sehr lobenswert, dass die spanische Regierung dieses Kleinod vor „Übertourismus“ schützt.

Kaum haben wir die Islas Cies passiert, erreichen wir die Ria Vigo und gehen vor der Stadt Baiona vor Anker. Wir haben es uns gerade im Cockpit gemütlich gemacht, als eine Gruppe Stand-up-Paddler vorbeischaut. Dass andere Boote und Schlaubootfahrer vorbeifahren, kennen wir ja. Aber die Stand-up-Paddler mit ihrer aufrechten Haltung sind dann doch gewöhnungsbedürftig. Sie paddeln in sehr geringem Abstand langsam vorbei und sind mit uns auf Augenhöhe. Irgendwie komisch, diese „Fußgänger im Ankerfeld“.

Nach einigem Hin und Her können wir dann einen Platz in einer der beiden Marinas bekommen und so verholen wir am 14.08.21 in die Marina Monte Real Club. Mal wieder richtig duschen, Diesel und Wasser tanken. Auch die Amazone kommt nicht zu kurz und erhält die ihr zustehende Pflege.

Baiona hat etwa 12.000 Einwohner, wobei sich laut Angaben in Wikipedia in der Ferienzeit hier bis zu 50.000 Touristen aufhalten sollen. In der Stadt herrscht zwar lebhaftes Treiben und die Tapas-Bars sind gut besucht, voll und überlaufen erscheint uns die Stadt aber nicht. Auch die verschiedenen Strände sind nicht übermäßig voll, gebadet wird kaum. Die Wassertemperatur des Atlantiks erreicht keine 20 Grad. Dafür ist der Himmel wolkenlos, die Lufttemperatur beträgt tagsüber 24 Grad, nachts geht sie auf 16 Grad zurück. Wir besuchen natürlich die über der Stadt thronende Burg, das Castelo de Monte Real. Es beherbergt ein Hotel und ein Rundgang auf der Burgmauer bietet imposante Ausblicke auf die Stadt, die Ria Vigo und die Islas Cies.

Blick von der Burg auf Baiona
Nachbau der „Pinta“ – das schnellste der drei Schiffe, mit denen Christoph Kolumbus sich auf dem Weg nach Ostasien wähnte

Ein wenig werden wir die Atmosphäre hier noch genießen und dann geht es weiter Richtung Portugal.