Überquerung der Biskaya

Am Sonnabend, 31.07.21, schauen wir uns noch einmal die aktuelle Wind- und Wettervorhersage an. Eine andere Crew bestätigt unsere Einschätzung, dass heute Reisetag ist. Sie hat sich durch Wetterwelt beraten lassen und die Auskunft bekommen, dass sich Wind und Wetter ab Dienstag, 03.08.21, ändern werden. Dann kommt Wind aus südwestlicher Richtung in Verbindung mit einer Tiefdruckrinne, was für die Überquerung der Biskaya keine gute Vorhersage ist. Für etwa zwei Wochen wäre eine Abreise aus Camaret dann nicht mehr ratsam. Dann also los, es gilt das Wetterfenster zu nutzen. Pünktlich um 10.00 Uhr legen wir ab. Stefan und Ellen von der „Thetis“ verabschieden uns. Wir haben uns hier kennengelernt, unsere Wege trennen sich schon wieder, aber wir  hoffen auf ein Wiedersehen.

Bis wir den offenen Atlantik erreichen, müssen wir zunächst gegen Wind und Wellen aus der weitläufigen Bucht motoren. Der Gezeitenstrom schiebt mit und alsbald segeln wir bei moderatem Wind im Sonnenschein an der imposanten Küste entlang. Die typische Atlantikdünung mit ihren langgezogenen Wellen hebt und senkt uns sanft. Aus dem Radio erklingt Akkordeonmusik, ein schöner Abschied von Frankreich.

Wie vorhergesagt weht der Wind mit etwa vier Beaufort und wir segeln relativ hoch am Wind, d. h. der Wind fällt in spitzem Winkel ein. Das bedeutet, dass das Boot entsprechend schräg im Wasser liegt und das Leben an Bord ungemütlich ist. Jede Tätigkeit ist beschwerlich und erfordert eine gewisse Überwindung. Außerdem muss man sich unter Deck immer irgendwo festhalten, um keine Prellungen zu riskieren. Wir kommen gut voran, dunkle Regenwolken bringen ordentlich Wind mit, so dass wir die Genua verkleinern und ein Reff ins Großsegel binden. Die erste Nacht bricht herein und während Ingos Wache begegnet uns eine Armada von 60 bis 80 Fischkuttern bei der Kontinental-Schelfkante. Allen sind wir ausweichpflichtig und Ingo manöveriert uns da durch.

Im Laufe des zweiten Tages dreht der Wind für uns günstiger, er kommt jetzt nicht mehr so spitz, die Amazone liegt nicht mehr so schräg im Wasser, das Leben wird einfacher. Am dritten Tag lässt der Wind wie vorhergesagt immer weiter nach, so dass wir schließlich den Motor starten. Ingo will unsere neue Hochseeangel ausprobieren. Kurze Zeit später kommen Delfine vorbei und der Angelköder wird schnell wieder eingeholt. Nachdem sich die Delfine verabschiedet haben, Köder wieder ins Wasser und nach kurzer Zeit beißt bereits ein Fisch an. Beim Einholen der Angel stellt Ingo fest, dass etwas sehr großes angebissen haben muss. Und tatsächlich – als der Fisch schließlich an der Wasseroberfläche erscheint, sehen wir, dass es ein sehr großer Thunfisch ist! Auweia, das wird hart. Ich steuere die Amazone langsam in großen Kreisen. Der Fisch darf mit der Angelleine nicht unter das Boot geraten, dann würde die Leine sicherlich reißen und der Fisch  in den Tiefen der See verschwinden. Der Fisch kämpft vergebens und zappelt im Cockpit, auch wenn die schöne neue Angel in drei Teile zerbrochen ist. Das Modell Ozeanic war dem Fisch nicht gewachsen. Alsbald wandern viele Filets in unsere Kühlung, Thunfisch satt für die nächsten Tage.

Die Angel zerbrochen, der Fisch erlegt

Am Montag, 02.08.21, erreichen wir nach 340 Seemeilen kurz nach 22.00 Uhr La Coruna und ankern in einer geschützten Bucht gegenüber der Marina. Wir sind glücklich und erleichtert, diese schwierige Etappe bei guten Bedingungen gemeistert zu haben. Wir genießen noch ein Glas Wein im Cockpit, das Wasser ist fast spiegelglatt und die Amazone wiegt uns schließlich ganz sanft und lautlos in einen tiefen und erholsamen Schlaf.

Ankerbucht bei La Coruna – Ensenada de Mera

Am nächsten Morgen inspiziert Ingo den Propeller und kann zufrieden feststellen, dass dieser ziemlich blank und überhaupt nicht bewachsen ist, genau wie das ganze Unterwasserschiff. So soll es sein. Nach einem ausgiebigen Frühstück verholen wir in die Marina Nautico. Der sehr hilfbereite Marinero weist uns einen Liegeplatz zu und später melden wir uns im Marinabüro an. Das klappt problemlos, der QR-Code wegen der Covid-19-Impfung interessiert nicht. Der freundliche Mitarbeiter meinte, den bräuchten wir nur im Restaurant. Uns fällt auf, dass fast alle Menschen auch im Freien eine Maske tragen. Das war in Frankreich lockerer.

Dann widmen wir uns der Amazone. Sie hat sich eine ausgiebige Süßwasserdusche redlich verdient! Souverän, tapfer und flott hat sie uns nun schon das zweite Mal über die Biskaya gebracht.

Wir haben hier mehrere deutsche Crews getroffen und konnten sie mit unseren Thunfisch-Filets beglücken. Einen ersten kurzen Spaziergang haben wir auch schon unternommen und haben ganz in der Nähe des Hafens den Supermarkt wiedergefunden, in dem wir 2014 schon eingekauft hatten.

Gleich gibt es Essen, lecker Thunfisch, was sonst?