Noch 100 Tage – die Zeit verrinnt oder galoppiert sie?
Anfang 2018 war die Entscheidung gefallen – 2021 wollen wir wieder lossegeln. Ohne Zeitlimit, soweit wir kommen, solange wir gesund bleiben und Spaß daran haben. Im Mai 2018 zeigte der Countdown auf unserer Homepage 1.100 Tage bis zur Abreise am 01.06.2021 an. Heute sind es tatsächlich nur noch 100 Tage, ab morgen ist der Countdown dann nur noch zweistellig. Wahnsinn, wie schnell die Zeit vergangen ist! Wo sind die 1.000 Tage geblieben? Vorfreude lässt die Zeit geradezu davon galoppieren.
Viel hat sich in den letzten drei Jahren ereignet, es ist uns gut ergangen. Wäre da nur nicht die Pandemie, die hatten wir nicht auf dem Plan. Bei unseren Reisen führt also nicht nur das Wetter die Regie, sondern Corona bestimmt, wann wir wo hinsegeln dürfen oder eben auch nicht. Zugegeben, derzeit haben sehr viele Menschen weltweit Existenzängste und viele andere sehr große Sorgen. Da nimmt sich unser „Reise-Problem“ sehr klein aus, ein Luxusproblem. Das Allerwichtigste ist selbstverständlich, dass unsere Familie und Freunde und wir gesund bleiben und gut durch die Corona-Krise kommen. Alles andere findet sich.
Obwohl wir also derzeit nicht wissen, ob überhaupt und wohin die Segelreise in 100 Tagen gehen kann, bereiten wir uns weiter vor. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
„Das Leben wird vorwärts gelebt und rückwärts verstanden.“ Im Nachhinein war es wirklich ein großes Glück, dass wir die Amazone nicht verkauft haben. Im letzten Jahr hätten wir nicht einfach in der Weltgeschichte herum fliegen und uns zum Verkauf stehende Katamarane anschauen können. Selbst wenn wir trotzdem ein Boot gefunden hätten, wäre es nicht sicher, dass wir irgendwo hinreisen, es ausrüsten und dann lossegeln könnten. Womöglich hätte es jeden Monat viel Geld gekostet, ohne irgendeinen Nutzen zu haben.
Als im Frühjahr 2020 abzusehen war, dass die Boote später zu Wasser gehen und nicht klar war, welche Ziele überhaupt angesteuert werden dürfen, entschieden wir uns, die Amazone an Land zu lassen und sie reisefertig zu machen. Ein großer Berg Arbeit kam auf uns zu und es waren mal wieder Durchhaltevermögen und Disziplin gefragt. Die Amazone bekam/bekommt eine umfassende Wellnesskur:
Eine Aufzählung ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
Aufbau und Deck wurden neu lackiert.
Mast wird neu lackiert.
Fäkalientank wurde ausgebaut, gereinigt und mit neuen Anschlüssen und Schläuchen wieder eingebaut.
Neue Toilette wird installiert.
Trinkwasseranlage wird überarbeitet (siehe Blogbeitrag vom 30.10.2020 ).
Spritzkappe, Persenninge und Genua wurden vom Segelmacher gecheckt.
Rettungswesten wurden gewartet.
Neue Rettungsinsel angeschafft
Neue Solarzellen angeschafft (Prozess noch nicht abgeschlossen, siehe Blogbeitrag vom 31.01.21)
Neuer Windgenerator angeschafft
Satellitentelefon wurde durch Fachfirma gecheckt.
Epirb ist zur Wartung verschickt.
Windpilot Windfahnensteuerung wurde gecheckt.
Internationaler Bootsschein Deutscher Segler-Verband angefordert
Die Amazone ist also auf dem besten Wege, gut gerüstet zu sein. In diesem Jahr wird sie 50 Jahre alt und das wollten wir zu unserer Abreise feiern. Abwarten, ob das möglich sein wird.
Aber auch die Besatzung bereitet sich vor, wegen Corona leider nicht so intensiv, wie geplant. Der Französisch-Sprachkurs musste abgebrochen werden, der Fitness-Kurs ebenfalls. Da hilft nur Fahrradfahren, heimisches Yoga und irgendwie in Bewegung bleiben. Verschiedene ärztliche Vorsorgetermine stehen bis zum 01.06.21 noch an. Unsere Reisepässe sind noch gültig.
An den wöchentlich vom Trans-Ocean e. V. angebotenen Online-Seminaren nehmen wir regelmäßig teil. Dort werden alle Themen, die Lossegler interessieren, besprochen. Ein Losseglertreffen in Präsenz, wie es üblicherweise im Frühjahr in Laboe durchgeführt wird, gibt es 2021 eben nicht. Aber die Online-Seminare sind eine gute Alternative mit oft mehr als 500 (!) Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
Auch an einem dreiteiligen Wetter-Online-Seminar der Firma Wetterwelt haben wir teilgenommen und weitere Kenntnisse über Klima, Wetterlagen und Wetterphänomene erlangt.
Das Pirateriepräventionszentrum in Neustadt/Holstein kann auch keine Termine in Präsenz anbieten, ist aber als Online-Seminar geplant. Eins der Trans-Ocean Online-Seminare beschäftigte sich auch schon mit diesem Thema. Dort hat auch ein Beamter des Zentrums Hinweise und wertvolle Tipps gegeben.
Das Medizin auf See-Seminar ist in Präsenz und online nicht möglich und wurde abgesagt. Ich habe das Seminar zwar schon 2014 besucht , hätte meine Kenntnisse aber gerne aufgefrischt.
Unser Impfstatus ist soweit okay. Fehlt aber natürlich noch die Covid-19-Impfung. Da müssen wir uns ganz hinten anstellen und hoffen auf einen Termin im September 2021. Und solange wir nicht geimpft sind, ist unser Reiseradius eben sehr eingeschränkt. „Denk positiv und bleib negativ“, das ist zurzeit die Devise.
Aber alles halb so schlimm. Eine Segelreise ohne Zeitlimit auf Nord- und Ostsee ist doch auch ein Traum!